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Mittwoch, 25. Mai 2011
Fundsachen (I)
Aus der Diasporae.stahler, 01:17h
Lienen: Ich gehe ja zum Friseur wenn ich einen Haarschnitt brauche. Man beachte, dass nicht von einem neuen Haarschnitt die Rede ist. Das ist immer der gleiche. Ich gehe ja auch immer zum gleichen Friseur. Seit gut dreißig Jahren. Daran konnte auch ein Umzug nichts ändern. Dann und wann ging ich mal fremd, doch kam ich immer wieder. Inzwischen habe ich eine stille Übereinkunft mit ihm getroffen: Er geht erst in Rente, wenn ich keine Haare mehr auf dem Kopf habe. Und obwohl er noch keine Ahnung von unserer Übereinkunft hat (sie ist halt sehr still), hält er bisher tapfer durch.
Auf der Ablage findet man diverse Autozeitschriften, aber keine mit Frisuren. Unter der Decke hängt ein Elektromotor aus Nachkriegsproduktion, der über eine flexible Welle verschiedene aufsteckbare Haartrimmer zum brummen bringt. Ob die schon immer zum Gebrauch am Menschen gedacht waren oder zum Schafe scheren lässt sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen. Und das in einer Ecke des Kellers noch die Frisurentafel für Flakhelfer und andere Wehrmachtsfreiwillige steht ist nur eine Vermutung von mir.
Bei meinem Herrenfriseur handelt es sich um einen Handwerksbetrieb. Keinen Salon, keinen Hairstylisten, keinen Coiffeur und keinen Haarkünstler. Deshalb traf mich die folgende Werbeanschrift mit einiger Wucht:
Was ist das? Die führende Agentur im Bereich Hair and Skin Consulting? Greift man hier noch selber zu Schere und Salbe, oder wird das an Subunternehmer ausgelagert. Der Vierjahresplan für Matte und Pelle? Und das der Laden (sorry, das Headquater) verwaist wirkte liegt wohl daran, daß sich die NASA ihre Dienste als Denkfabrik für die kommende Marsmission gesichert hat.
Auf der Ablage findet man diverse Autozeitschriften, aber keine mit Frisuren. Unter der Decke hängt ein Elektromotor aus Nachkriegsproduktion, der über eine flexible Welle verschiedene aufsteckbare Haartrimmer zum brummen bringt. Ob die schon immer zum Gebrauch am Menschen gedacht waren oder zum Schafe scheren lässt sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen. Und das in einer Ecke des Kellers noch die Frisurentafel für Flakhelfer und andere Wehrmachtsfreiwillige steht ist nur eine Vermutung von mir.
Bei meinem Herrenfriseur handelt es sich um einen Handwerksbetrieb. Keinen Salon, keinen Hairstylisten, keinen Coiffeur und keinen Haarkünstler. Deshalb traf mich die folgende Werbeanschrift mit einiger Wucht:
Was ist das? Die führende Agentur im Bereich Hair and Skin Consulting? Greift man hier noch selber zu Schere und Salbe, oder wird das an Subunternehmer ausgelagert. Der Vierjahresplan für Matte und Pelle? Und das der Laden (sorry, das Headquater) verwaist wirkte liegt wohl daran, daß sich die NASA ihre Dienste als Denkfabrik für die kommende Marsmission gesichert hat.
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An der Grenze
Aus der Diasporae.stahler, 01:07h
Bad Laer: Hier, wo sich am Teutoburger Wald Westfalen und Niedersachsen berühren, gibt es die Grenzgängerroute. Einen regionalen Radweg, der sich in fußläufiger Entfernung zum Hotel befindet und mit dem Rad noch leichter zu erreichen ist. Also Herbie befreit und los! Schnell windet sich der Weg aus Städtchen (ein Kurort, oder: Der Wartesaal Gottes) und Tal um als schmaler Schotterpfad durch den Wald zu führen. Und fast meint man sie noch zu spüren. Hinter jedem Baum, hinter jedem Fels. Die, deren Berufsstand nur Minuten jünger ist als die Erfindung der Grenze: Schmuggler! Zähe, pfiffige Gestalten die seltene, kostbare oder verbotene Waren über die Berge bringen. Seien es exotische Früchte wie die westfälische Ananas, verbotene Schriften oder Datenpakete im Bautbereich. Immer auf der Hut vor den Gendarmen beider Seiten trieben sie ihre schwer beladenen Lastkinder über Hügel und durch Wälder.
Als ich wieder aus dem Wald raus bin erkenne ich, daß Schmuggler noch nicht der Vergangenheit angehören. Ich stehe vor einem Mohnfeld. Nicht nur in den entlegenen Regionen des Hindukusch wird Mohn zur Opiumgewinnung angebaut, um damit die Kriege religiöser Fanatiker zu finanzieren. Auch der Protestant hat dazugelernt und nutzt die stillen Seitentäler des Teutoburger Waldes. Auf das die ganze Welt Fronleichnam arbeiten muss.
Bis es soweit ist, erfreue ich mich an den Aufschriften von Straßenschildern.
„Am Zuschlag“ ist wahrscheinlich ein sozialer Brennpunkt
(mit sieben Häusern auch völlig übervölkert) wo es immer wieder zu tätlichen Auseinandersetzungen kommt. Oder das Land wechselte 1493 seinen Besitzer bei ebay.
„Postdamm“ halte ich für ein schlecht gemachtes Plagiat. Das kriegen die Chinesen inzwischen besser hin.
Und selbst John Cleese durfte hier eine Straße benennen: „Exheide“. Wohl weil hier mal eine gleichnamige Frau verstarb. Oder war die Gegend einst flach, bis sich eine Mittelgebirgskette drunter schob. Oder wollte man die Straße „Zum Konvertierten“ nennen, konnte es aber nicht schreiben?
Wann immer ich mir diese Fragen stelle, geht die Straße bergan und der Wind kommt von vorn. Leicht beleidigt, die Landschaft. Ob dessen beschließe ich die Gegend zu mögen. Der Wind nimmt daraufhin zu. Als ich auch noch laut „ganz schön Grenzwegig“ äußere, erwarte ich von einer mit Hausdächern und Kühen gespickten Sturmbö vom Rad gefegt zu werden. Der göttliche Akt bleibt aus, man ist wohl in Bad Laer beschäftigt.
In Bad Iburg kommt meine royale Ader durch. Da sowohl die Hochzeit von Kate und William, sowie große Teile vom Eurovision Songcontest (die Krone von was auch immer) an mir vorüber gingen, besteige ich den Hügel zum Schloss. Das alte Gemäuer geht ehrlicher Arbeit nach und beherbergt unter anderem ein Gericht, die örtliche Polizei sowie die Niedersächsische Schulinspektion. Zum Schutz vor deren Schutzbefohlenen steht vor deren Tür ein alter Vorderlader. Überall Reformstau im Bildungswesen.
Die Sonne senkt sich und der Wind lässt nach. Vorbei an Dörfern, Wäldern und Feldern mit duftendem Heu rolle ich zurück nach Bad Laer. Am Ortseingang begrüßt mich der Slogan „Neues entdecken“. Stimmt.
Als ich wieder aus dem Wald raus bin erkenne ich, daß Schmuggler noch nicht der Vergangenheit angehören. Ich stehe vor einem Mohnfeld. Nicht nur in den entlegenen Regionen des Hindukusch wird Mohn zur Opiumgewinnung angebaut, um damit die Kriege religiöser Fanatiker zu finanzieren. Auch der Protestant hat dazugelernt und nutzt die stillen Seitentäler des Teutoburger Waldes. Auf das die ganze Welt Fronleichnam arbeiten muss.
Bis es soweit ist, erfreue ich mich an den Aufschriften von Straßenschildern.
„Am Zuschlag“ ist wahrscheinlich ein sozialer Brennpunkt
(mit sieben Häusern auch völlig übervölkert) wo es immer wieder zu tätlichen Auseinandersetzungen kommt. Oder das Land wechselte 1493 seinen Besitzer bei ebay.
„Postdamm“ halte ich für ein schlecht gemachtes Plagiat. Das kriegen die Chinesen inzwischen besser hin.
Und selbst John Cleese durfte hier eine Straße benennen: „Exheide“. Wohl weil hier mal eine gleichnamige Frau verstarb. Oder war die Gegend einst flach, bis sich eine Mittelgebirgskette drunter schob. Oder wollte man die Straße „Zum Konvertierten“ nennen, konnte es aber nicht schreiben?
Wann immer ich mir diese Fragen stelle, geht die Straße bergan und der Wind kommt von vorn. Leicht beleidigt, die Landschaft. Ob dessen beschließe ich die Gegend zu mögen. Der Wind nimmt daraufhin zu. Als ich auch noch laut „ganz schön Grenzwegig“ äußere, erwarte ich von einer mit Hausdächern und Kühen gespickten Sturmbö vom Rad gefegt zu werden. Der göttliche Akt bleibt aus, man ist wohl in Bad Laer beschäftigt.
In Bad Iburg kommt meine royale Ader durch. Da sowohl die Hochzeit von Kate und William, sowie große Teile vom Eurovision Songcontest (die Krone von was auch immer) an mir vorüber gingen, besteige ich den Hügel zum Schloss. Das alte Gemäuer geht ehrlicher Arbeit nach und beherbergt unter anderem ein Gericht, die örtliche Polizei sowie die Niedersächsische Schulinspektion. Zum Schutz vor deren Schutzbefohlenen steht vor deren Tür ein alter Vorderlader. Überall Reformstau im Bildungswesen.
Die Sonne senkt sich und der Wind lässt nach. Vorbei an Dörfern, Wäldern und Feldern mit duftendem Heu rolle ich zurück nach Bad Laer. Am Ortseingang begrüßt mich der Slogan „Neues entdecken“. Stimmt.
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