Donnerstag, 2. Juni 2011
Fundsachen (III)
Aus der Diaspora
Bochum:

Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt,
ist es besser, viel besser als man glaubt.
Tief im Westen.


Pandora litt unter akutem Ohrwurm. Da ich daran nicht ganz unschuldig war, begleitete ich sie zum Schamanen. Auf dem Weg dorthin sprudelten immer wieder Fragmente wie folgendes aus ihr hervor:

„Gehse inne Stadt, watt macht dich da satt? Ne Currywurst.“

Weil das Krankheitsbild Ohrwurm in die Kategorie Besessenheit fällt, ist der Hausarzt hier nicht zuständig. Exorzisten hingegen lehnen die Behandlung meist wegen Geringfügigkeit ab. Daher begaben wir uns zu einer Praxis im Bermuda3eck. Die Behandlung besteht darin, dass vor den eigenen Augen ein langes, dünnes (Wer schon einmal einen Regenwurm gegessen hat weiß, dass Würmer lang und dünn sind.) Lebensmittel zerstückelt und mit einer blutroten Sauce übergossen wird. Nach dem Verzehr sollen die Symptome dann abklingen.

Als wir uns aus Bochum schälten, kamen wir an einen noch nicht ganz ausgewachsenen Kreisverkehr. Während die Genesende diesen mit kindlicher Freude und einigem „Hui“ rufen umrundete, begegnete mir der Geist des späten Herbert Grönemeyer. Der fing ja irgendwann an, jede Metapher mit einer Metapher zu umschreiben. Was seine Texte quasi codierte und das Verstehen nicht nur akustisch unmöglich machte. Eben dieser Geist, wahrscheinlich erweckt vom Getöse welches das Kulturhauptstadtjahr verursacht hatte, grinste mich frech von diesem Firmenschild an:

Vielleicht ein Anagrammspiel?

Und als wäre dieser Geist in mich gefahren, fragte ich in perfektem Einheimisch: Watt is‘ datt? Die einzelnen Worte sind mir nicht unbekannt, ihre Kombination aber völlig unverständlich. Wird hier Ausdruckstanz für die Zahnbürste gelehrt? Tanz doch mal die C4, Du. Lockig gekringeltes Geschenkband ersetzt die Zahnseide? Mit Lötkolben, Blumendraht und zwei Kombizangen zur eigenen Zahnspange? Füllungen für Gebiss und Weihnachtsgans?

Oder geht es um die kreative Verwendung der Beißerchen? Also nicht nur zur Zerkleinerung von Nahrung, dem Öffnen von Bierflaschen, dem Beißen in Gras und, im Falle von Mike Tyson, sich wenn schon kein Gehör dann zumindest ein halbes Ohr zu verschaffen.

Wenn Reklameschilder für die eigene Leistungsfähigkeit werben sollen, warum bildet man dann darauf diese verfaulte Kauleiste ab? Oder soll das eine Burgmauer sein?

Als wir das Schild hinter uns ließen, hinterließ es uns völlig rat- und fassungslos. Ich fürchte, da hilft auch keine Currywurst.

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