Freitag, 4. Februar 2011
Mysterium Maschsee
Aus dem alten Testament
Draußen:

Dunkelheit
Regen
Kälte
Hannover

Fünf gute Gründe früh ins Bett zu gehen. Aber manchmal ist es in Hannover auch schön:

Hannover: Da ich den Kanal noch nicht voll hatte, zog es mich eigentlich zu ihm. Mit Herbie wollte ich seinem Ufer folgen, Wasser zieht mich halt magisch an. Was bei übergroßem Magnetismus von feucht bis tödlich alles werden könnte. Andererseits ist gegen Ertrinken das beste Mittel Land. Daher erschien mir der Mittellandkanal, der wohl nicht unabsichtlich durch Hannover führt, ungefährlich. Doch eine Stimme sagte mir, ich solle zum Maschsee fahren. Dank an meine Schülerin, und ihre Stimme.

Im Hotel lauschte ich der nächsten zarten Stimme. Sie gehörte der Frau vom Empfang (auch wenn sie nicht so wirkten, als wären sie miteinander verheiratet gewesen), die ich nach dem günstigsten Weg befragt hatte. Sie und eine Karte von Hannover gaben Auskunft. Ich könne den kürzesten Weg nehmen, den ich aber teilweise nicht fahren könne, da es sich um eine Fußgängerzone handele. Die Parallelstraße wäre so fahrbar. Oder wenn ich hier entlang führe, würde ich dieses sehen und dort entlang jenes. Ich verließ das Hotel mit der Erkenntnis, ich könnte jeder Straße in und um Hannover in beliebiger Richtung folgen und würde doch am Maschsee ankommen.

Gerüstet mit meinem treuen Rad und einem Autoatlas im Kindergartenalter, der diebisches Vergnügen bei dem Versuch hatte, mir die Hose herunter zu ziehen, wenn ich ihn in meiner Gesäßtasche verstaute, aber auch eine brauchbare Karte der Innenstadt. So schlugen wir drei uns durch Hannover und tatsächlich am Maschsee auf. Was man so See nennt. Kanäle sind keine Flüsse, aber das soll ein See sein? Wer Ernst August als Prinzen hat wird halt bescheiden.

Ich umrundete das heimliche Zentrum Hannovers eher gemütlich. Ließ mir auf einer Bank die Herbstsonne ins Gesicht scheinen, die es sich noch mal beweisen wollte. Das wollte ich dann auch und ließ eine zweite, sportliche Runde folgen. Mit dem Ergebnis, dass mir nun viel deutlicher auffiel, wie kleine Mädchen mit streichholzdünnen Beinen und Rollerblades an mir vorbei zischten. Und die Rollen zischten bei jedem Schritt: “Alt, alt, alt.”

Ich zog Leine, und zwar die selbige entlang. Vorbei an Polizeizentrale und Landtag. Vielleicht hatte Harald Schmidt Hannover ja doch Unrecht getan. Ich folgte meiner Erinnerung und kam zum Star Diner, das inzwischen Atomic Diner heißt. Das Essen hatte ich auch anders in Erinnerung, leider besser. Die Ausstattung war absolut stilecht. Deshalb gab es auch keinen Fahrradständer. Gerettet wurde der Abend von einem Erdnussmilchshake, den ich mir gerne direkt auf die Hüften spachtelte. Die Kellnerin vom letzten Mal war nicht zu entdecken. Sie folgte wohl meinem Rat, den ihr zu geben ich mich damals nicht getraut hatte, und beendete ihr Studium, statt dem Traum von einer Karriere in der Gastronomie zu folgen. Von diesem Gedanken beseelt kehrte ich in der einbrechenden Dunkelheit (dagegen unternimmt die Polizei ja nix) zum Hotel zurück, das sich unerwartet leicht finden ließ.

Apropos Hotel: Beim Betreten des Frühstückraums war ich etwas enttäuscht. Dies lag nicht am Frühstücksbuffet; hier fand ich alles vor, um das Preis - Leistungs- Verhältnis durch persönliche Einsatz stark zu verbessern. Aber wenn die Herberge Haus Martens heißt, so erwarte ich das “Caravan of Love” oder zumindest “Happy hour” gespielt wird.

Auch ja, ich war wirklich zum arbeiten in Hannover.

(Entstanden Anfang September 2010)


Nachtrag: Heute reichte es dann doch noch für einen Milchshake und ein Foto.

Stahlskelett

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Es muß an meinen
dauerhaft in mir festgemachten Gedanken zu dieser Stadt liegen, in die ich zu reisen des öfteren gezwungen war, die Sie hier mit Ihren Erfahrungen anreichern und die mir ein wissendes Schmunzeln entlocken, weshalb ich es endlich sagen muß: Mit großen Vergnügen lese ich bei Ihnen mit, vom ersten Tag an.

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Nachdem der doch etwas verwirrende Titel dieser kleinen Seite Sie nicht von einer Leserschaft abzuhalten vermochte, gebe ich mich nun der Hoffnung hin, Sie verzeihen mir, Sie nicht am ersten Tage mit Kaffee und Kuchen begrüsst zu haben, wie es der Anstand doch gebietet.

Ich wünsche weiterhin viel Vergnügen.

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