Mittwoch, 5. Juni 2013
Nach Norm? Oder normal?
Aus der Diaspora
Koblenz: Ich nenne sie gerne Plastikhotels, obwohl es das nicht ganz trifft. Man gibt sich viel Mühe, nicht die Anmutung einer Bordtoilette des ICE zu verströmen. Vielmehr handelt es sich um eine jener Ketten, die 7 Häuser in 154 Ländern betreiben, welche überall gleich aussehen. Alle Teile wie Schränke, Betten, Duschen, Spiegel, Hocker sind absolut identisch. Sie haben die gleichen Maße, Farben, Materialien und wahrscheinlich auch den gleichen Geschmack. Alles nach einem zentralen Masterplan zu immer wieder identischen Zimmern zusammengeflanscht. Würden einen Außerirdische entführen und versehentlich in der falschen Niederlassung wieder absetzen, man würde erst vor der Tür merken, dass man im falschen Film ist.

Dieser Grad der Standardisierung, der seit der Produktion des russischen T-34 Panzers im zweiten Weltkrieg nicht wieder erreicht wurde, sorgt dafür dass man sich, hat man einmal irgendwo übernachtet, in allen Hotels dieser Kette sofort blind auskennt.

Bis zu dem Tag, an dem man ein Zimmer auf der Seite des Flurs bezieht, wo alle Zimmer spiegelbildlich aufgebaut sind. So steht man im morgendlichen Tran fast mit beiden Füßen in der Kloschüssel, weil die Dusche hier auf der anderen Seite ist. Hat man diese doch noch gefunden, erfordert die Armatur volle Konzentration, da das Spiel von Wassermenge und –temperatur ja auch nicht in gewohnten Bahnen verläuft. Auf dem Flur ist immer wieder eine Drehung notwendig, weil das Treppenhaus ständig in der entgegengesetzten Richtung liegt. Erst das Frühstück erdet wieder. Das ist aus allen Richtungen gleich langweilig.

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