Sonntag, 28. Juli 2013
One Night in Bottrop
Aus der Diasporae.stahler, 00:49h
Abwasserkanal Emscher, Schacht 52/53: Was ähnlich kryptisch wie anrüchig klingt ist eine einmalige Gelegenheit. Die Anstrengungen aus der Emscher wieder einen Fluss zu machen kreuzen hier den Rhein-Herne-Kanal. Bevor man den Tunnel endgültig schließt, um ihn dem Abwasser zu übergeben, bietet man der Bevölkerung die Möglichkeit zur Besichtigung. Was später ohne vermehrtes Übergeben kaum möglich wäre.
Obwohl der Kanal seinen Dienst noch nicht aufnahm, ist die Kacke bereits am dampfen. In insgesamt zwei Stunden haben wir uns in Schlangenform zum Eingang vorgearbeitet. Der Navigator ist noch nicht am Ende seiner von mir massiv unterschätzten Duldsamkeit. Nur kleine Ausbrüche entfahren ihm, nachdem ihm die Urlaubserlebnisse, Lieblingsrezepte, Radtouren und quengeligen Blagen der umstehen bis ins letzte Detail bekannt sind. Ich sinniere währenddessen über die Kontraste im Menschlichen. Vor mir Erregung beim Erzählen, dass man in Köln 30€ für eine weggeworfene Kippen bezahlen muss, auch wenn diese direkt in einen Gulli rollt und sich dort bekanntermaßen sofort in reinen Sauerstoff und Weltfrieden verwandelt. Hinter mir raucht eine ältere Frau mit (T)Aschenbecher in der Hand. Dieser verschwindet nach dem Ende der Zigarette sauber verschlossen in ihrer Handtasche. Herauszufinden wer aus Düsseldorf kommt und wen ich umarmen will sollte keine große Herausforderung sein.
Die Geschichte brachte etliche geniale Baumeister hervor. Wobei sich Ägypter und Azteken dadurch hervorhoben, dass sie den Lauf von Natur und Gestirnen in ihren Bauwerken wiederspiegeln ließen. Hier in Gelsenkirchen vermute ich einen ähnlich genialen Geist am Werk. Denn der Lauf der Warteschlange ist solchermaßen geschickt gebogen, dass mir während der kompletten Wartezeit (es werden am Ende drei Stunden sein) die Sonne direkt ins Gesicht knallt. Irgendwann wickle ich mir mein Handtuch um den Kopf. (Um Rückfragen vorzubeugen: Nein, davon gibt es kein Foto!)
Die Extraschichtbusse passieren uns. Drinnen Menschen dichtester Packung. Die Stehenden betiteln wir als Duftkerzen. Das Übel nach Schweiß zu riechen wird nicht dadurch besser, dass es nicht der eigene ist.
Endlich auf dem Gelände verschaffen wir uns einen Überblick über die nach- und weiter wachsende Schlange. Arme Narren, wie wir es sind. Der Anblick erinnert an Erich Honeckers Leipzig, wenn es mal wieder Südfrüchte gab. Diesseits der Absperrung verkürzen ein Jongleur und der Freddy Mercury des Akkordeons den Wartenden die Zeit. Immer dem Teil der Schlange, wo wir grade nicht sind.
Irgendwann branden wir an ein Drängelgitter. So wie Vieh im Schlachthof, um vereinzelt und sauber aufgestellt zu werden für den finalen Bolzenschuss. Wir bekommen statt dessen Häubchen und weißen Helm, was wiederum sehr an Hilfsarbeiter im Schlachthof erinnert.
Ach ja, im Tunnel waren wir ja auch. Treppe runter, durch die Röhre, Treppe rauf. Unter ständiger Ermahnung des Aufsichtspersonals sich nicht allzu lange aufzuhalten. Unsere Bilanz lautet: Schwach gewonnenes Remis.
Edit: Der Navigator hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Extraschicht eine Kulturveranstaltung ist. Eine schnöde Aufzählung von Befindlichkeiten wird dem Gebotenen in keinster Weise gerecht. Deshalb soll der schalmeiengleiche Gesang, welcher in nur künstlich illuminierter Tiefe erklang, nicht ungenannt bleiben. Während wir also durch die Röhre latschen, grölen wir aus vollem Hals „Arschlicht“ (Ein Tick anders). Während der noch schweigend passierte Aufpasser mit „Glück auf“ grüßte, wendet sich sein Kollege nur schweigend ab.
REWE: Kein offizieller Spielort, aber irgendwo muss man sich ja verpflegen. Und wieder ein Ort, wo ich schon einmal war. Besuch eines Handlungsreisenden, oder wie das heißt.
Slinky Springs to Fame: Das Reptil hat unseren Zeitplan zur Makulatur erklärt, ab jetzt wird improvisiert. Am Oberhausener Schloss ist grade ein Parkplatz frei. Im Park selber spielt eine Band und lässt es rocken. Wir kommen passend zu ihren letzten beiden Nummern. Was irgendwie symptomatisch für den weiteren Abend ist. Es reicht aber, die Currywurst musikalisch zu untermalen.
Viele Eltern tragen ihren Kindern großformatige Kunstwerke, die die Kleinen eben schaffen durften. Ob die wohl mit den Extraschichtbussen unterwegs sind …?
Uns geht es um das Wiedersehen mit Zini aus Spaß am Dienstag. Durch den Park und über den Kanal zieht sich eine Brücke, die stark an ein zwischen Stangen gespanntes Wuslon erinnert. Die Konstruktion schwingt sacht unter unseren Schritten (Dass mit dem sacht schwingenden Tokio und Godzilla habe ich gehört!), und der gummiartige Belag ist sehr fußschmeichlerisch. Außerdem kann man über den Kanal schauen.
Bergwerk West: Bis letztes Jahr wurde hier noch das schwarze Gold gefördert, heute herrscht buntes Treiben. Der ehemalige Kohlenbunker lädt zum Besteigen, ein Blick über die Landschaft lockt. Die Schlange schreckt uns ab. Hier hätte ich die in Gelsenkirchen verwartete Zeit gern verbracht. Tief im Westen lassen wir die Zeche zurück. Hoffentlich bis nächstes Jahr.
BernePark: Beim letzten Mal bedurfte es der Durchsetzungsfähigkeit des Navigators, um überhaupt aufs Gelände zu kommen. Dieses Mal ist es verdient ruhiger. Die vortragenden Künstler sind näher an einem Tambourcorps als an der Blue Man Group. Die Lichtshow ist elektrisch. Wir sind dann mal weg.
Nordsternpark: Furioses Finale. Schon die Parkgebühren an der Arena bringen uns in Wallung. Aber so kommen wir wenigstens rechtzeitig. Es wird getanzt und gesungen, geblitzt und gedonnert, gelasert und gefeuerwerkt. Und irgendwie ist alles viel zu schnell vorbei. Dafür wird der Termin für die nächste Extraschicht verkündet. I’ll be back!
Obwohl der Kanal seinen Dienst noch nicht aufnahm, ist die Kacke bereits am dampfen. In insgesamt zwei Stunden haben wir uns in Schlangenform zum Eingang vorgearbeitet. Der Navigator ist noch nicht am Ende seiner von mir massiv unterschätzten Duldsamkeit. Nur kleine Ausbrüche entfahren ihm, nachdem ihm die Urlaubserlebnisse, Lieblingsrezepte, Radtouren und quengeligen Blagen der umstehen bis ins letzte Detail bekannt sind. Ich sinniere währenddessen über die Kontraste im Menschlichen. Vor mir Erregung beim Erzählen, dass man in Köln 30€ für eine weggeworfene Kippen bezahlen muss, auch wenn diese direkt in einen Gulli rollt und sich dort bekanntermaßen sofort in reinen Sauerstoff und Weltfrieden verwandelt. Hinter mir raucht eine ältere Frau mit (T)Aschenbecher in der Hand. Dieser verschwindet nach dem Ende der Zigarette sauber verschlossen in ihrer Handtasche. Herauszufinden wer aus Düsseldorf kommt und wen ich umarmen will sollte keine große Herausforderung sein.
Die Geschichte brachte etliche geniale Baumeister hervor. Wobei sich Ägypter und Azteken dadurch hervorhoben, dass sie den Lauf von Natur und Gestirnen in ihren Bauwerken wiederspiegeln ließen. Hier in Gelsenkirchen vermute ich einen ähnlich genialen Geist am Werk. Denn der Lauf der Warteschlange ist solchermaßen geschickt gebogen, dass mir während der kompletten Wartezeit (es werden am Ende drei Stunden sein) die Sonne direkt ins Gesicht knallt. Irgendwann wickle ich mir mein Handtuch um den Kopf. (Um Rückfragen vorzubeugen: Nein, davon gibt es kein Foto!)
Die Extraschichtbusse passieren uns. Drinnen Menschen dichtester Packung. Die Stehenden betiteln wir als Duftkerzen. Das Übel nach Schweiß zu riechen wird nicht dadurch besser, dass es nicht der eigene ist.
Endlich auf dem Gelände verschaffen wir uns einen Überblick über die nach- und weiter wachsende Schlange. Arme Narren, wie wir es sind. Der Anblick erinnert an Erich Honeckers Leipzig, wenn es mal wieder Südfrüchte gab. Diesseits der Absperrung verkürzen ein Jongleur und der Freddy Mercury des Akkordeons den Wartenden die Zeit. Immer dem Teil der Schlange, wo wir grade nicht sind.
Irgendwann branden wir an ein Drängelgitter. So wie Vieh im Schlachthof, um vereinzelt und sauber aufgestellt zu werden für den finalen Bolzenschuss. Wir bekommen statt dessen Häubchen und weißen Helm, was wiederum sehr an Hilfsarbeiter im Schlachthof erinnert.
Ach ja, im Tunnel waren wir ja auch. Treppe runter, durch die Röhre, Treppe rauf. Unter ständiger Ermahnung des Aufsichtspersonals sich nicht allzu lange aufzuhalten. Unsere Bilanz lautet: Schwach gewonnenes Remis.
Edit: Der Navigator hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Extraschicht eine Kulturveranstaltung ist. Eine schnöde Aufzählung von Befindlichkeiten wird dem Gebotenen in keinster Weise gerecht. Deshalb soll der schalmeiengleiche Gesang, welcher in nur künstlich illuminierter Tiefe erklang, nicht ungenannt bleiben. Während wir also durch die Röhre latschen, grölen wir aus vollem Hals „Arschlicht“ (Ein Tick anders). Während der noch schweigend passierte Aufpasser mit „Glück auf“ grüßte, wendet sich sein Kollege nur schweigend ab.
REWE: Kein offizieller Spielort, aber irgendwo muss man sich ja verpflegen. Und wieder ein Ort, wo ich schon einmal war. Besuch eines Handlungsreisenden, oder wie das heißt.
Slinky Springs to Fame: Das Reptil hat unseren Zeitplan zur Makulatur erklärt, ab jetzt wird improvisiert. Am Oberhausener Schloss ist grade ein Parkplatz frei. Im Park selber spielt eine Band und lässt es rocken. Wir kommen passend zu ihren letzten beiden Nummern. Was irgendwie symptomatisch für den weiteren Abend ist. Es reicht aber, die Currywurst musikalisch zu untermalen.
Viele Eltern tragen ihren Kindern großformatige Kunstwerke, die die Kleinen eben schaffen durften. Ob die wohl mit den Extraschichtbussen unterwegs sind …?
Uns geht es um das Wiedersehen mit Zini aus Spaß am Dienstag. Durch den Park und über den Kanal zieht sich eine Brücke, die stark an ein zwischen Stangen gespanntes Wuslon erinnert. Die Konstruktion schwingt sacht unter unseren Schritten (Dass mit dem sacht schwingenden Tokio und Godzilla habe ich gehört!), und der gummiartige Belag ist sehr fußschmeichlerisch. Außerdem kann man über den Kanal schauen.
Bergwerk West: Bis letztes Jahr wurde hier noch das schwarze Gold gefördert, heute herrscht buntes Treiben. Der ehemalige Kohlenbunker lädt zum Besteigen, ein Blick über die Landschaft lockt. Die Schlange schreckt uns ab. Hier hätte ich die in Gelsenkirchen verwartete Zeit gern verbracht. Tief im Westen lassen wir die Zeche zurück. Hoffentlich bis nächstes Jahr.
BernePark: Beim letzten Mal bedurfte es der Durchsetzungsfähigkeit des Navigators, um überhaupt aufs Gelände zu kommen. Dieses Mal ist es verdient ruhiger. Die vortragenden Künstler sind näher an einem Tambourcorps als an der Blue Man Group. Die Lichtshow ist elektrisch. Wir sind dann mal weg.
Nordsternpark: Furioses Finale. Schon die Parkgebühren an der Arena bringen uns in Wallung. Aber so kommen wir wenigstens rechtzeitig. Es wird getanzt und gesungen, geblitzt und gedonnert, gelasert und gefeuerwerkt. Und irgendwie ist alles viel zu schnell vorbei. Dafür wird der Termin für die nächste Extraschicht verkündet. I’ll be back!
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