Sonntag, 10. Februar 2013
Auf Kollisionskurs
Aus der Diaspora
Eckernförde: Als ich den Eingang ansteuerte um mein Zimmer zu entern*, verabschiedete sich eine vierköpfige Gruppe aus vier Personen** (ein Misanthrop würde jetzt „natürlich“ schreiben) natürlich mitten im Weg voneinander. Nachdem man die Kleinste umarmt, bzw. herumgereicht hatte, trudelte sie direkt vor mir aus. Reflexartig öffneten sich meine Arme und meine Stimme fragte: „Ich auch?“ Nachdem die Frau etwa eine Sekunde zu lange gezögert hatte, antwortete ich mir mit „nein“ und betrat das Hotel.

* Es gibt einen guten Grund für diese maritime Ausdrucksweise. Alle Zimmer der Herberge tragen Namen bekannter Schiffe. Auch wenn die Ähnlichkeit meiner Räumlichkeiten mit der Luxusyacht „Sea Cloud“ nur gering war, wollte ich doch nicht im Zimmer „Pamir“ schlafen.

** Es gibt Erzählungen, wo diese Angabe durchaus erwähnenswert ist. Über die Anzahl der beteiligten Persönlichkeiten kann ich keine verlässlichen Aussagen treffen.

*** Es gibt zu wenig Liebe unter den Menschen.

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Fundsachen (VIII)
Aus der Diaspora
Eckernförde: Stillstand ist Rückschritt, so das Credo der Fortschrittsjünger. Deshalb schreiten sie immer und überall voran, auch wenn nichts geht, außer ihnen selbst. Ihr bewegtes Leben duldet keine Pausen, was findigen Dienstleistern neue Marktlücken eröffnete. Kaffee muss seit längerem im Gehen, wenn schon nicht genossen, so doch wenigstens getrunken werden. Inzwischen braucht nicht einmal mehr zu dessen Aufnahme angehalten werden. Einem Staffelläufer gleich schwenkt der Lieferant in die Umlaufbahn des Fortschreitenden ein, um ihm ungebremst das Heißgetränk zu übergeben.

Modern Times

Vielleicht haben die dürren Worte an der Fassade eine noch viel größere Bedeutung. Ein schnöder Röstbohnenaufguss der Lahme gehen macht, wenn man der Übersetzung in direktem Windschatten folgen mag. Musste dereinst die fußkranke Omma unter einiger Mühsal dem Nazarener zugeführt werden, auf dass er sie berühre, kommt nun die Heilung frei Haus. Und einen Kaffee gibt es noch dazu. Früher war nicht alles besser.

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Dienstag, 5. Februar 2013
Keyser Söze
Aus der Heimatgemeinde
San Pedro: Der größte Trick, den der Teufel je gebracht hat, war die Welt glauben zu lassen, es gäbe ihn gar nicht.

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Montag, 4. Februar 2013
This is the end, ...
Aus der Heimatgemeinde
Werl: Zumindest fühlt es sich so an.

"I'll meet him at Fulton's Point. Play Something and he'll come"

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Montag, 28. Januar 2013
Richtung Norden, und dann immer …
Aus der Diaspora
Eckernförde: Nächtliche Wolken trachten danach dem Mond den Himmel zu verwehren. Jetzt ist es nur ein dünner Schleier, der ihn zur mattgelben Scheibe macht. Doch reicht das gedämpfte Licht für einen schmalen Streifen, der die sich kräuselnde Oberfläche entlarvt und das weite Schwarz als Ostsee identifiziert. Das Rauschen einer leichten Brandung und der Geruch des angespülten Seetangs überzeugen weitere Sinne.

Zinnen bewehrt, einer sagenumwobenen Trutzburg gleich, überragt der alte Speicher den Hafen und es scheint, als halte er Wacht.

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Dienstag, 22. Januar 2013
Berufliche Flexibilität
Aus der Diaspora
Hemer: Als hätte ich der morgendlichen Stille zugeraunt: „Liebes Leben, erzähle mir eine Geschichte!“ trug es mir heute das Folgende zu:

Die atemlos vorgetragenen Entschuldigungen hereinstürzender Menschen sind oft nur ein Extrakt der wahren Ereignisse und lassen selten Zweifel an der Schuldlosigkeit der Verspäteten. Da der Winter in unseren Breiten momentan einen überzeugenden Leistungsbeweis abliefert, war das „Im Schneehaufen festgefahren“ der Späteinkehrerin absolut plausibel.

Die wahre Dramatik offenbarte sich in der Erzählung während einer Pause. So hatte es sich bei dem Schneehaufen um den letzten Parkplatz des Abends gehandelt und das Problem des morgendlichen Fortkommens deutete sich da bereits an. Doch der Morgen gehörte ja noch dem morgen und eine Lösung würde sich finden. Diese bestand aber weder in vorsichtigem noch schwungvollem Manövrieren. Ganz im Gegenteil, dies verlieh dem neuen Tag schon in der Frühe etwas Herausforderndes. Weder der eilig herbeigerufene Freund, noch die herbeigetragenen Pappen vermochten dem Automobil seinen Immobilienstatus zu nehmen. Da ein kraftvoller Frühlingseinbruch währen der nächsten Minuten nicht zu erwarten stand, erwog man bereits einen Anruf bei den gelben Engeln.

Rettung kam dann aus unerwarteter Richtung, nämlich von der gegenüberliegenden Straßenseite. Die eintreffenden Mitarbeiter des benachbarten Bestatters kamen, nachdem sie sich mit Schaufeln gerüstet hatten, herüber und gruben die Kiste aus.

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Montag, 14. Januar 2013
Aloha from Maiin
Aus der Diaspora
Frankfurt am Main: Wenn ich in meinen Träumen als abgehalfterter Schlagerfuzzi in einem runtergerockten Provinzhotel frierend in meinem eigenen Erbrochenen erwache, dann sieht das Zimmer diesem hier verdammt ähnlich.

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Donnerstag, 20. Dezember 2012
Oh, Fischlein, Fischlein, Fischlein, Fisch
Aus der Heimatgemeinde
Oerlinghausen: Als die Verkäuferin mit angestrengtem Lächeln das Fischpaket über die Theke wuchtet ist klar, dass wir viele Mitesser brauchen. Oder eine Kühlhalle anmieten müssen, um die Reste weg zu tuppern.

Soest: Nebelunfall auf der A44. Massenkarambolage. Diese Assoziationen gehen mir durch den Kopf, als ich meinen Blick über die Küche schweifen lasse. In zerknirschter Selbstkritik danken wir den Louisiana Shrimp-Fischern vom Yangtse für ihre vergebliche Hilfe. Die Verkosterin versichert uns, dass alles lecker ist. Ihre Motive sind nicht ganz klar.

Auf einen Einsatz des Notfallgriechen kann verzichtet werden. Nochmal Glück gehabt.

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Montag, 17. Dezember 2012
Countdown
Aus der Diaspora
Neukirchen-Vluyn: Zähle die Tage bis zum Ende des Arbeitsjahres. Mehr ist hier nicht drin.

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Sternenbeschau
Aus der Heimatgemeinde
Werl: In unserer hochtechnisierten Welt sind viele Arbeitsabläufe von Grund auf umgekrempelt worden. Computer, Digitalfotografie und Datenfernübertragung haben die Art eine Tageszeitung zu produzieren einschneidend verändert. Doch manches ändert sich nie. Noch immer ist das Horoskop die am wenigsten aufwendige Rubrik. Während der Wetterbericht wenigstens ein Mindestmaß Realitätsnähe enthalten sollte (außer man hält sich durch verquaste Formulierungen den Rücken frei), ist die sternenbasierte Lebenshilfe davon völlig unabhängig.

Höhepunkt jeder Redaktionssitzung bildete in den alten Tagen die Komposition des astrologischen Dutzends. Die Glücksfee, deren Amt sowohl von einer jungen Volontärin als auch dem verschwitzten Anzeigenredakteur mehr oder weniger spärlich bekleidet werden konnte, erstellte vom Zufall assistiert die Kollage des Schicksals. Ihr als Füllhorn diente eine Unmenge seit Generationen zusammen getragenen Weisheiten. Von Kalendern und Konkurrenzpublikationen abgeschrieben, den Poesiealben der Kindheit entnommen, hinter dem Zelt der Rummelwahrsagerin eilig mit stenografiert oder aus dem Werksverkauf der Glückskeksproduktion, weil dort wegen Überlänge zu Ausschuss degradiert. Als Karteikarte aus einem unscheinbaren Kasten gezogen und laut verlesen, wurde das Verkündete sodann dem oder der unter diesem Sternbild geborenen zugordnet und unter großem Hallo kommentiert. Manch Krieg in einem abgelegenen Teil der Welt geriet so schon für kurze Zeit in Vergessenheit.

Inzwischen dürfte ein elektronischer Zufallsgenerator das Ressort übernommen haben. Und wiewohl mir der Glaube fehlt, so lese ich doch gern zum Frühstück die mir zugedachte Lebenshilfe. Vergegenwärtige mir immer wieder die Allgemeingültigkeit (Von der jeder Schreiber des Wetterberichts nur träumen kann), um nicht eine Gültigkeit für mich in Betracht zu ziehen, weil sich das Gedruckte nur allzu leicht auf mein Leben adaptieren lässt. Aber manchmal möchte ich denen auch einfach nur eins in die Fresse hauen.

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Dienstag, 20. November 2012
Gaswechsel
Aus der Heimatgemeinde
Werl: Ich gestehe, ich koche auf Gas. Genauer auf Flaschengas. Was mich in den Augen mancher zum potentiellen Massenmörder macht. In ihren Pupillen spiegeln sich wohnblockverzehrende Detonationen und Flammende Infernos, sowie Bruchstücke der Flasche, die wie Schrapnelle Frauen und Kinder zerfetzen. Zieht man aber absichtliche Manipulationen und den Verzicht auf minimale Sorgfalt ab, ist statistisch die größte Gefahr, dass das Gas alle ist, wenn grade zwei gefüllte Töpfe auf dem Herd stehen.

Mein Weg zur Tankstelle (Die auch xxx Gas verkauft, was sonntags ganz praktisch ist.) wurde mit zwei heißen Öfen belohnt. Der heimische würde mein Abendessen befeuern, der andere hatte grade den Tankvorgang hinter sich gebracht. Eine Ducati 900 Supersport von Mitte/Ende der Achtziger. Zwar konnte ich meine Augen nicht mehr an dieser italienischen Metallskulptur laben, aber meine Ohren durften das mechanische Wunder genießen. Und auch als Fahrer und Maschine längst meinem Blick entschwunden waren, verwöhnte mich noch das anhaltende Grollen. „Musik wird störend oft empfunden, weil stets sie mit Geräusch verbunden.“ Wilhelm Busch hätte mich verstanden.

Im Supermarkt mit angeschlossenem Benzinausschank erwarb ich das Gas und wartete draußen auf den Flaschentausch. Was sich verzögerte, da eine just in diesem Augenblick hereinbrechende Welle von Benzinkäufern die alleinkassierende Angestellte an den Tresen fesselte. So ließ ich mir die Sonne ins Gesicht scheinen und meinen Blick von einem anderen Schauspiel fesseln. Der Kampf eines Menschen gegen die Tücken der Technik, vertreten durch einen Tankdeckel. Die bedächtig humpelnd hinzueilende Verstärkung von der Beifahrerseite konnte die Verwirrung nicht endgültig auflösen. Nur die eigene signifikant steigern. Erst Minuten später löste sich der gordische Knoten und gab das Spundloch frei. Das weitere Fortkommen der beiden Damen war gesichert. Und auch ich konnte irgendwann frisch begasflascht vom Hof reiten.

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Mittwoch, 7. November 2012
Jahreszeit
Aus der Diaspora
Frankfurt: Das Jahr neigt sich und solidarisch kurz sind auch die Tage. Wo vor wenigen Wochen noch die Sonne über die vor mir liegende Kuppe schien, strahlt nur noch matt die diffuse Lichtkuppel der nahen Großstadt. Nicht mehr lang, und die Häuser liegen in Dunkelheit beim Kommen und Gehen. Elektrische Sonnen erleuchten unser Leben, auf das es nicht zum Erliegen kommt. Hell scheint es aus den Fenstern unserer Behausungen.

Und in der Lampenabteilung des heimischen Baumarkts weist ein Schild auf den Saisonschlussverkauf hin …

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