Samstag, 14. September 2013
Schwarmintelligenz?
Aus der Heimatgemeinde
Werl: Wozu lasse ich eigentlich das schmutzige Geschirr herumstehen, wenn die Fliegen doch lieber auf mir herumkrabbeln?

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Freitag, 13. September 2013
Famous last words
Landmarke
" ..., but I'm not int condition to fuck!"

(Otto Sander in "Das Boot", 1981)


So long and thanks for all the fish.

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Zeichen
Aus der Heimatgemeinde
Werl: Die Welt ist voller Zeichen. Manche sind deutlich, wie zum Beispiel Verkehrsschilder. Nicht nur das sie kaum zu übersehen sind, auch ihre Bedeutung ist für alle klar. Außer vielleicht bei Geschwindigkeitsbegrenzungen, wo oft noch fiskale Aufklärung von Nöten ist.

Schicksalsschwanger sind dagegen Zeichen, die nicht sofort wahrnehmbar sind und auch noch verschiedene Deutungen zulassen. Richtig bedrohlich wird es, wenn keine der Interpretationen etwas Gutes erahnen lässt. So die im örtlichen Supermarkt erst nur im Augenwinkel wahrgenommene Packung Dominosteine. Zumal das Backwerk sich in einem völlig artfremden Regalfach befand. Es wirft kein gutes Licht auf den Einzelhandel, wenn sich die Ware mehr als ein halbes Jahr dem Personal zu widersetzen vermag. Die andere mögliche Deutung versage ich mir, wäre sie doch zu grausam. Es würde heißen dass, unabhängig von Datum und Vernunft, das Weihnachtsgeschäft begonnen hätte!

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Mittwoch, 14. August 2013
Im Reich der wilden Tiere
Aus der Heimatgemeinde
Werl: Wenn der Mensch nachts von unbekannten Geräuschen geweckt wird, ist es ihm nicht ins Nukleinsäureleiterchen graviert zu denken: „Hach, Besuch! Hoffentlich habe ich noch Kuchen da.“ Stattdessen versetzt er mit einem Adrenalinschauer das nichtsahnende Gehirn samt zugeteiltem Schläfer schlagartig in den Panik-Modus.

Ich hatte diese Nacht um viertel vor zwei das Vergnügen, an einer solchen Alarmstartübung teilzunehmen. Weil das Geräusch eindeutig in meinem Schlafzimmer stattfand, schnellte mein Arm (soweit es Morpheus, der alte Kuschelbär, zuließ) zum Lichtschalter. Doch nichts war zu sehen oder zu hören. Aber kaum war die Dunkelheit wieder hergestellt, wurde die Stille erneut beendet. Diesmal langsam zum Lichtschalter. Noch zu hören.

LICHT AN.

Da umrechteckte, sauber dem Geviert der Schlafzimmerwände folgend, eine Fledermaus die Lampe. Nachdem die Kombination aus Schlafsedierung und Panikverblödung ausreichen zurückwich, drang Erkenntnis zu mir durch. Draußen standen genügend Kühe herum, welche die geflügelte Bestie hätte fortschleifen können. Mir drohte somit keine Gefahr. Ob dessen verstummten die Alarmglocken und ich schlummerte wieder ein, in den Schlaf gesungen vom sanften Plätschern des abfließenden Adrenalins.

Ich lebe gern auf dem Land.

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Sonntag, 28. Juli 2013
One Night in Bottrop
Aus der Diaspora
Abwasserkanal Emscher, Schacht 52/53: Was ähnlich kryptisch wie anrüchig klingt ist eine einmalige Gelegenheit. Die Anstrengungen aus der Emscher wieder einen Fluss zu machen kreuzen hier den Rhein-Herne-Kanal. Bevor man den Tunnel endgültig schließt, um ihn dem Abwasser zu übergeben, bietet man der Bevölkerung die Möglichkeit zur Besichtigung. Was später ohne vermehrtes Übergeben kaum möglich wäre.

Obwohl der Kanal seinen Dienst noch nicht aufnahm, ist die Kacke bereits am dampfen. In insgesamt zwei Stunden haben wir uns in Schlangenform zum Eingang vorgearbeitet. Der Navigator ist noch nicht am Ende seiner von mir massiv unterschätzten Duldsamkeit. Nur kleine Ausbrüche entfahren ihm, nachdem ihm die Urlaubserlebnisse, Lieblingsrezepte, Radtouren und quengeligen Blagen der umstehen bis ins letzte Detail bekannt sind. Ich sinniere währenddessen über die Kontraste im Menschlichen. Vor mir Erregung beim Erzählen, dass man in Köln 30€ für eine weggeworfene Kippen bezahlen muss, auch wenn diese direkt in einen Gulli rollt und sich dort bekanntermaßen sofort in reinen Sauerstoff und Weltfrieden verwandelt. Hinter mir raucht eine ältere Frau mit (T)Aschenbecher in der Hand. Dieser verschwindet nach dem Ende der Zigarette sauber verschlossen in ihrer Handtasche. Herauszufinden wer aus Düsseldorf kommt und wen ich umarmen will sollte keine große Herausforderung sein.

Menschen, plural

Die Geschichte brachte etliche geniale Baumeister hervor. Wobei sich Ägypter und Azteken dadurch hervorhoben, dass sie den Lauf von Natur und Gestirnen in ihren Bauwerken wiederspiegeln ließen. Hier in Gelsenkirchen vermute ich einen ähnlich genialen Geist am Werk. Denn der Lauf der Warteschlange ist solchermaßen geschickt gebogen, dass mir während der kompletten Wartezeit (es werden am Ende drei Stunden sein) die Sonne direkt ins Gesicht knallt. Irgendwann wickle ich mir mein Handtuch um den Kopf. (Um Rückfragen vorzubeugen: Nein, davon gibt es kein Foto!)

Die Extraschichtbusse passieren uns. Drinnen Menschen dichtester Packung. Die Stehenden betiteln wir als Duftkerzen. Das Übel nach Schweiß zu riechen wird nicht dadurch besser, dass es nicht der eigene ist.

Endlich auf dem Gelände verschaffen wir uns einen Überblick über die nach- und weiter wachsende Schlange. Arme Narren, wie wir es sind. Der Anblick erinnert an Erich Honeckers Leipzig, wenn es mal wieder Südfrüchte gab. Diesseits der Absperrung verkürzen ein Jongleur und der Freddy Mercury des Akkordeons den Wartenden die Zeit. Immer dem Teil der Schlange, wo wir grade nicht sind.

Lego macht auch im Alter noch Spaß.

Irgendwann branden wir an ein Drängelgitter. So wie Vieh im Schlachthof, um vereinzelt und sauber aufgestellt zu werden für den finalen Bolzenschuss. Wir bekommen statt dessen Häubchen und weißen Helm, was wiederum sehr an Hilfsarbeiter im Schlachthof erinnert.

Ach ja, im Tunnel waren wir ja auch. Treppe runter, durch die Röhre, Treppe rauf. Unter ständiger Ermahnung des Aufsichtspersonals sich nicht allzu lange aufzuhalten. Unsere Bilanz lautet: Schwach gewonnenes Remis.

Darmfarbene Abwasserleitung

Edit: Der Navigator hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Extraschicht eine Kulturveranstaltung ist. Eine schnöde Aufzählung von Befindlichkeiten wird dem Gebotenen in keinster Weise gerecht. Deshalb soll der schalmeiengleiche Gesang, welcher in nur künstlich illuminierter Tiefe erklang, nicht ungenannt bleiben. Während wir also durch die Röhre latschen, grölen wir aus vollem Hals „Arschlicht“ (Ein Tick anders). Während der noch schweigend passierte Aufpasser mit „Glück auf“ grüßte, wendet sich sein Kollege nur schweigend ab.

REWE: Kein offizieller Spielort, aber irgendwo muss man sich ja verpflegen. Und wieder ein Ort, wo ich schon einmal war. Besuch eines Handlungsreisenden, oder wie das heißt.

Slinky Springs to Fame: Das Reptil hat unseren Zeitplan zur Makulatur erklärt, ab jetzt wird improvisiert. Am Oberhausener Schloss ist grade ein Parkplatz frei. Im Park selber spielt eine Band und lässt es rocken. Wir kommen passend zu ihren letzten beiden Nummern. Was irgendwie symptomatisch für den weiteren Abend ist. Es reicht aber, die Currywurst musikalisch zu untermalen.

Viele Eltern tragen ihren Kindern großformatige Kunstwerke, die die Kleinen eben schaffen durften. Ob die wohl mit den Extraschichtbussen unterwegs sind …?

Tschüüüüüüüüüüßßßß

Uns geht es um das Wiedersehen mit Zini aus Spaß am Dienstag. Durch den Park und über den Kanal zieht sich eine Brücke, die stark an ein zwischen Stangen gespanntes Wuslon erinnert. Die Konstruktion schwingt sacht unter unseren Schritten (Dass mit dem sacht schwingenden Tokio und Godzilla habe ich gehört!), und der gummiartige Belag ist sehr fußschmeichlerisch. Außerdem kann man über den Kanal schauen.

Bergwerk West: Bis letztes Jahr wurde hier noch das schwarze Gold gefördert, heute herrscht buntes Treiben. Der ehemalige Kohlenbunker lädt zum Besteigen, ein Blick über die Landschaft lockt. Die Schlange schreckt uns ab. Hier hätte ich die in Gelsenkirchen verwartete Zeit gern verbracht. Tief im Westen lassen wir die Zeche zurück. Hoffentlich bis nächstes Jahr.

(Ganz) Tief im Westen

BernePark: Beim letzten Mal bedurfte es der Durchsetzungsfähigkeit des Navigators, um überhaupt aufs Gelände zu kommen. Dieses Mal ist es verdient ruhiger. Die vortragenden Künstler sind näher an einem Tambourcorps als an der Blue Man Group. Die Lichtshow ist elektrisch. Wir sind dann mal weg.

Nicht die hellste Kerze auf der Torte

Nordsternpark: Furioses Finale. Schon die Parkgebühren an der Arena bringen uns in Wallung. Aber so kommen wir wenigstens rechtzeitig. Es wird getanzt und gesungen, geblitzt und gedonnert, gelasert und gefeuerwerkt. Und irgendwie ist alles viel zu schnell vorbei. Dafür wird der Termin für die nächste Extraschicht verkündet. I’ll be back!

Mr. Scott, energy! (c)Navigator

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Dienstag, 16. Juli 2013
Tja, warum eigentlich?
Aus der Diaspora
Andernach: Wüsste jetzt nicht zu sagen, warum es am Rhein so schön ist. Vom Wo habe ich allerdings eine sehr klare Vorstellung.

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Wo die Ökumene versagt
Aus der Heimatgemeinde
Werl: Beim Aufschlagen von Lothar-Günther Buchheims „Das Boot“ liest man den Hinweis, dass die Ereignisse sich zwar so zutrugen, allerdings auf diversen Feindfahrten verschiedener Unterseeboote.

Auf der Terrasse sitzend rekapituliere ich die Summe meiner Erfahrungen. Und fasse den Entschluss die Veranstaltung kommentarlos zu verlassen, wenn sich genügend dieser Ereignisse in den nächsten Stunden verdichten. Ähnlich wie beim Bullshit-Bingo. Klingt sehr geschäftsmäßig, aber das nahende Grillen ist eine Firmenveranstaltung.

Der Grill ist aufgebaut, Tische und Stühle stehen. Aufgebaut vom immer gleichen Personenkreis. Was fehlt ist der nach Fertigstellung einschwebende Mensch (w/m), die/der das ganze Ensemble erst einmal in Frage stellt. Dass dieser Mensch (w/m) erst dann kommt, wenn alle anderen schon da sind, versteht sich von selbst. Nach ihr/ihm kommt nur noch die/der, der/dem die Startzeit viel zu spät war. Das gibt den bereits Anwesenden ausreichend Gelegenheit festzustellen, dass das Feuer qualmt. Was beim Grillen so nicht zu erwarten ist. Genauso das der Rauch in die Umliegenden Räume zieht. Ein Schließen der Fenster kommt nicht in Frage.

Nach Verteilen der ersten Lage Grillguts erscheint sofort jemand (w/m) an der Feuerstelle, die/der genau das haben will, wovon das letzte Stück eben den Grill verlies. Mit der Bitte ihr/ihm doch ein Stück der nächsten Charge zu reservieren, verliert sie/er sofort wieder jegliches Interesse am Grill. Derweil werden bei Tisch jene Geschichten erzählt, die alle anderen bereits auswendig kennen.

(c) Navigator

Irgendwann ist das große Fressen vorbei. Die Dämmerung ist herein gebrochen, ein kleines Feuer (das überraschend auch mal qualmt) flackert vor sich hin und über allen Wurstzipfeln ist Ruh‘. Bis drinnen die Lichter aufflammen, hektisch Tische abgeräumt werden und ganz dringend sofort gespült werden muss. Die restlichen Salate, ob der Menge unter Einsatz mehrerer schwerer Baumaschinen zubereitet, werden nun den verbliebenen aufgedrängt , da sie zum Wegwerfen ja doch viel zu schade sind. Junggesellen sind dafür stets beliebte Opfer, schrammen sie ob ihrer Unfähigkeit zur Selbstversorgung doch stets an einem unbarmherzigen Hungertod vorbei. Spätestens jetzt wird deutlich, dass Männer und Frauen nicht miteinander grillen sollten. Der mit dem letzten Bissen einsetzende Exodus findet nun seinen Höhepunkt und löst die Veranstaltung auf.

Ich bin wieder bis zum Ende geblieben. Einige fehlten dieses Mal wegen Ruhestand oder unentschuldigt, was der Veranstaltung eine andere Dynamik einhauchte. Die Dichte nervender Ereignisse war angenehm niedrig und die Gambas sensationell. Bis nächstes Jahr.

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Selbst ist der Mann
Aus der Diaspora
Nürburg: In den umstehenden Autos setzt Bewegung ein. Viele hatten es sich, wie wir gemütlich gemacht. Der letzte Versuch sich zu entspannen bevor es losgeht. Während der Parkplatz sich immer weiter füllt, steigen wir aus. Gespannte Erwartung macht sich breit. Jede Bewegung auf der Strecke wird registriert und kommentiert. Etienne Vaillant ist wieder zu uns gestoßen. Er trägt den feuerfesten Einteiler, Helm und Sturmhaube liegen bereit.

Genau wie wir eben auf unserem Rundgang die anwesenden Fahrzeuge musterten, kommen auch hier etliche Leute vorbei. Es ergeben sich Gespräche die sich um „Was gemacht?“, „Welche Reifen?“ und „Nicht schon einmal gesehen““ drehen. Eine eingeschworene Gemeinschaft. Die Kasse ist bereits geöffnet. Wer noch eins braucht, kann sich sein Ticket besorgen. Jahreskarteninhaber sind davon befreit. Und immer wieder der zusehends ungeduldiger Blick zur Strecke. So langsam könnte ja mal …

Endlich ist es soweit. Absperrungen werden fortgeräumt, Schranken öffnen sich. Das Tor zur grünen Hölle, dem Paradies der Fahrtätigen, öffnet sich. Als erstes in den Genuss kommt … ein Reisebus. Das allgemeine Kopfschütteln könnte ihn um wedeln. Kurz darauf verschwindet der Navigator, ebenfalls behelmt, mit Etienne Vaillant als dessen Passagier auf die Strecke. Später wird sich sein Bericht hauptsächlich mit Beschleunigungskräften in Längs- und Querrichtung beschäftigen. Und das mit weitaus mehr Begeisterung, als diese je im Physikunterricht erfuhren.

Unterdessen beobachte ich das Treiben beim Einschleusen der Fahrzeuge. Zwei Einweiser beherrschen das Gewimmel jener die kommen, die gehen und die bleiben wollen. Und sie verschaffen den Regeln Respekt. Wer hier einen schnellen Fahrerwechsel durchführt oder seinen Beifahrer abwirft ist raus. Gnadenlos. Der Zustrom wird gestoppt und dem Delinquenten ein Gasse geschaffen, das Feld zu räumen. Ich finde das gut. Ganz ohne Schadenfreude.

(c) Navigator

Jetzt stehen wir drei, der Navigator, Quasimodo und ich, an der Schranke. Das kleine, eben erworbene Stück Plastik öffnet uns den Weg. Die mich üblicherweise begleitende Müllkippe ist entsorgt, alles andere Halbwegs verstaut und verkeilt. Meine Runde beginnt. Zurückhaltend, aber doch mit der Grenze zum Ehrgeiz flirtend geht es über die Rennstrecke. Kurve folgt auf Kurve. Wohin diese gehen ist nicht immer ganz klar, da sie sich geschickt hinter Kuppen verstecken. Immer wieder geht der Blick in den Rückspiegel, um mit keinem der schnelleren Autos und Motorräder aneinander zu geraten. Den Blinker setze ich häufiger als bei mancher Fahrt durch die Stadt. Irgendwann finde ich meinen Rhythmus und die anfänglich hervorgebrachten Laute finden wieder ihren Weg zur Artikulation. Die Frage des Navigators, ob der Wagen nicht auch einen Sportmodus hätte, folge ich per Tastendruck. Gute zwanzig Kilometer später ist alles vorbei und Quasimodo steht wohlbehalten aber seltsam riechend wieder auf dem Parkplatz. Ich habe Lust auf mehr. Aber nicht heute.

Eine Pizza bildet den Abschluss des Tages. Zu dritt sitzen wir beim Italiener und lassen den Tag Revue passieren. Auch ohne Alkohol ist die Stimmung gelöst und zurück bleibt ein Bierdeckel mit einer Telefonnummer. Was er bei der bezaubernden Kellnerin, dem jungen Mann der ihr Bruder hätte sein können (aber wahrscheinlich nicht ist), ihrer großen Schwester und der Auslastung einer Horde von Mietschlägern auslöste ist noch nicht ganz klar. Ich werde berichten.

Irgendwann in der Nacht kippe ich ins Bett. Auch der längste Tag hat ein Ende.

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Freitag, 5. Juli 2013
Der Längste Tag
Aus der Diaspora
Planet Erde: Die Natur folgt seit Anbeginn der Welt festen Rhythmen und Bahnen. Der Mitteleuropäer, der Anfang Juli damit liebäugelt die Winterreifen aufzuziehen, mag den Glauben daran vielleicht verloren haben, doch unsere Vorfahren lebten diese Zyklen, noch lange bevor sie die Zusammenhänge erkannten. Was zu seltsamen Riten (z.B. Sonnenwendfeiern), mystischen Ringen (wie in Stonehenge) oder gar Menschenopfern (zumindest fühlt sich mancher Schwede nach der Mittsommernacht so) führte.

Werl: Von mir wollte dieser 21. Juni 2013 nichts wissen. Als ich theoretisch am längsten hätte wach bleiben können, schickte mich dieser Tag, nachdem die ganze Woche schon nicht sonderlich nett zu mir war, bereits um fünf ins Bett. Ein paar letzte Vorbereitungen traf ich noch tief in der Nacht, aber das war es auch schon.

Wer an einem (arbeitsfreien) Samstag bereits eine halbe Stunde bevor der Wecker unter der Woche läuten würde aufsteht, muss einen am Helm haben. Was der Navigator eindrucksvoll bewies, als er an Treffpunkt eins vorfuhr. Die Kombination aus weißem Bauhelm und verspiegelter Sonnenbrille gemahnte an eine grauenvolle Allianz von Village People und Extasy. Angeblich zehrt er noch heute von meinem Gesichtsausdruck. Diesen konnte ich etwas später selbst bewundern, auf dem Gesicht von Etienne Vallaint. Er sollte für den Tag unser Führer sein.

Sportwagen als Sportgerät um Sport zu wagen.

Nürburgring: Auch wenn wir keine Himalaya Expedition unternahmen, ist es trotzdem praktisch sich der Dienste eines einheimischen Führers zu versichern. Nun wohnt Etienne Vallaint zwar zwei Stunden von der Eifel entfernt, und trotzdem kennt er sich rund um den Nürburgring bestens aus. Das liegt daran, dass er Benzin im Blut hat. Was dazu führt, dass er gerne schnell Auto fährt. Und sympathischer Weise tut er dies nicht vor Kindergärten, in Wohngebieten oder auf der Autobahn (wovon ich mich auf einer sehr entspannten Anreise im Konvoi überzeugen konnte), sondern auf einer abgesperrten Rennstrecke. Dann aber mit Herzblut und Helm, Rennanzug und einem kaum noch alltagstauglichen Auto, sowie speziellen Reifen, die das Wochenende kaum überleben. Doch zunächst waren die Profis dran.

Boxengasse: Es stand ein Lauf zur VLN Langstreckenmeisterschaft auf dem Programm. Ab neun ist Training, wo die Startaufstellung ermittelt wird. Um zwölf beginnt das Rennen und um vier ist der Spuk vorbei. Am Sonntag gehört das fahrende Volk wieder den Familien. Geboten wird Motorsport zum Anfassen. Was man aber tunlichst unterlassen sollte. Hier teilen Menschen ihre Leidenschaft, die viel Zeit und noch mehr Geld verschlingt, mit allen die es interessiert. Wer sich hier wachen Auges und mit entsprechender Vorsicht umsieht, muss nur noch aufpassen, dass er niemanden mit seinen Mundwinkeln um rempelt.

Sein Lockruf erschüttert die Eifel

„Musik wird oft als Lärm empfunden, da stets sie mit Geräusch verbunden.“ Auch wenn Wilhelm Busch etwas anderes meinte als die Trillerpfeifen der Streckenposten, das Rattern der Schlagschrauber und das allgegenwärtige Brüllen hoch gezüchteter Motoren. Hatte ich erwähnt, wie großartig ich das fand?

Haupttribüne: Nach dem Training, einem Gang durchs Fahrerlager mit Begrüßung der Heimmannschaft durch Etienne Vallaint, einem Imbiss der als Hommage an die Randsteine der Rennstrecke in Rot-Weiß gehalten war, einem Rahmenrennen welches an den Hornissenflug von Rimski-Korsakov erinnerte und dem Besuch der Startaufstellung, wo sich der Navigator mit 100% der anwesenden Gridgirls ablichten ließ, landeten wir rechtzeitig zum Start auf der Haupttribüne.

Hat es eigentlich schon Versuche gegeben, ob alle genau so viel sehen wenn sie sich hinstellen, als wenn sie sitzen bleiben? Seltsames Massenphänomen halt. In drei Startgruppen donnerten 180 Rennwagen an uns vorbei, wobei die Lautstärke nicht proportional zur Geschwindigkeit war. Nach nur wenigen Runden war eine gewisse Durchmischung erreicht, und die Führenden pflügten durch die langsameren Teilnehmer. Ich nahm mir vor, noch mal „Le Mans“ mit Steve McQueen zu schauen. Derweil zogen wir weiter, um das Rennen auch noch von anderen Stellen aus zu betrachten.

Wir verließen die Strecke durch das Mausoleum. Milliarden wurden hier von Politikern begraben und haben aus der einst profitablen Nürburgring AG einen Pflegefall gemacht. Geplant als Dauerkirmes in Nirgendwo schimmelt nun alles vor sich hin.

Adenau: Den Supermarkt kannte ich. Vor einiger Zeit hatte es mich beruflich hierher verschlagen, und die Wanddekoration blieb mir in Erinnerung. Wo sonst Bilder von Obst, Gemüse und Wurst hängen, sind es hier Rennwagen und Motorräder in abenteuerlichen Schräglagen. Die nahegelegene Unterführung hatte ich damals schon bemerkt, doch nun lernte ich, dass der Streckenabschnitt Breidscheid hier den Ort zerteilt. Von der Böschung aus beobachteten wir das Spektakel.

Innerhalb geschlossener Ortschaften ...

Am Waldrand: Hier bremste eine Schranke den Ortskundigen Etienne Vallaint aus. Die Alternativen Akkuflex und Fußmarsch schieden aus, so zogen wir weiter.

Döttinger Höhe: Auf der Längsten Gerade des Nürburgrings flogen die Wettbewerber an uns vorüber. Meine Kamera bewies dabei ihre Qualitäten. Der Sportmodus besitzt eine Serienbildfunktion und die Lücken zwischen den Autos sind gestochen scharf.

Ja, wo laufen sie denn?

Wir standen an der Zufahrt, wo nach dem Rennen jeder gegen einen Obolus seine Fähigkeiten am Volant testen darf. In meinem Fall mit einem Auto, welches nicht mein eigenes war. Eine günstige Gelegenheit schon einmal an nervös zu werden.

Pflanzgarten: Bekanntlich sind Flügel ja zum Fliegen da. Im Rennsport sollen sie genau das verhindern. Doch am Streckenabschnitt Pflanzgarten verlieren die schnellsten Teilnehmer, egal wie flügelbewehrt, gern einmal den Kontakt zur Straße. Auf dem Weg dorthin hatten wir aber ein weitaus irdischeres Problem: Stau! Die Kolonne arbeitete sich mühsam auf den Parkplatz zu. Grund für die Verstopfung an Ein- und Ausfahrt war ein schlecht geparkter Ford. Einen der Teilnehmer hatte die Technik seines GT 40 verlassen, ob dessen das waidwunde Sportgerät nun hier stand. Den Weg zur Strecke konnten wir uns allerdings sparen, man hatte das Rennen abgebrochen. Ein Teilnehmer war den Folgen eines Herzinfarktes erlegen.

Burg, noch nicht tiefer gelegt. - (c) Navigator

Damit trennte sich unsere Weg erst einmal Etienne Vallaint bezog sein Hotelzimmer um ein wenig zu ruhen und sich danach in den feuerfesten Strampler zu hüllen. Den Navigator und mich zog es derweil zur Nürburg. Dort war alles wie es sich für eine standesgemäße Burg ziemt, inklusiver der unbequemen Lage hoch oben auf einem Berg. Wenigstens kann man sich auf den Abstieg freuen.

Zur Erholung barg uns Quasimodo sicher auf dem Parkplatz an der Zufahrt für Touristenfahrten. Dort waren wir mit Etienne Vallaint verabredet, um unsere eigenen Erfahrungen in der grünen Hölle zu machen. Doch davon ein anderes Mal …

…wird fortgesetzt…

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Donnerstag, 20. Juni 2013
Der Elch ist gelandet
Aus der Heimatgemeinde
Werl: Heute morgen und noch vor der Absenderin. Da erübrigt sich die Frage: "Den Stiftbehälter? Was soll ich denn damit in Schweden?"

Und wenn man Relaiskontakte von Sprengfallen isolieren muss, schlägt die Postkarte das Wischtelefon auf jeden Fall.

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Mittwoch, 12. Juni 2013
Mal wieder
Aus der Heimatgemeinde
Werl: Auch wenn Zeit und Muße in keinem ausgeglichenen Verhältnis zueinander standen, sagte ich zu mir, ich könnte mal wieder etwas Leckeres kochen. Konjunktiv.

Danach war mir klar, dass Kochen viel mit Übung zu tun hat. Und ein Wenig mit Renovieren. Dafür kann man nicht nur vom Boden essen, man würde sogar satt.

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Mittwoch, 5. Juni 2013
Konditionierung, oder: Pawlows Hotel
Aus der Diaspora
Koblenz: Seit Verlassen des Gastbüros murmle ich ständig den sechsstelligen Zahlencode vor mich hin, der mir den Zugang zu meinem Hotelzimmer gewährt. Als ich wenige Minuten später den Aufzug auf meiner Etage verlasse, angelt meine Hand in der Hosentasche nach dem Schlüssel. Wenigstens fing ich nicht an zu sabbern …

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Nach Norm? Oder normal?
Aus der Diaspora
Koblenz: Ich nenne sie gerne Plastikhotels, obwohl es das nicht ganz trifft. Man gibt sich viel Mühe, nicht die Anmutung einer Bordtoilette des ICE zu verströmen. Vielmehr handelt es sich um eine jener Ketten, die 7 Häuser in 154 Ländern betreiben, welche überall gleich aussehen. Alle Teile wie Schränke, Betten, Duschen, Spiegel, Hocker sind absolut identisch. Sie haben die gleichen Maße, Farben, Materialien und wahrscheinlich auch den gleichen Geschmack. Alles nach einem zentralen Masterplan zu immer wieder identischen Zimmern zusammengeflanscht. Würden einen Außerirdische entführen und versehentlich in der falschen Niederlassung wieder absetzen, man würde erst vor der Tür merken, dass man im falschen Film ist.

Dieser Grad der Standardisierung, der seit der Produktion des russischen T-34 Panzers im zweiten Weltkrieg nicht wieder erreicht wurde, sorgt dafür dass man sich, hat man einmal irgendwo übernachtet, in allen Hotels dieser Kette sofort blind auskennt.

Bis zu dem Tag, an dem man ein Zimmer auf der Seite des Flurs bezieht, wo alle Zimmer spiegelbildlich aufgebaut sind. So steht man im morgendlichen Tran fast mit beiden Füßen in der Kloschüssel, weil die Dusche hier auf der anderen Seite ist. Hat man diese doch noch gefunden, erfordert die Armatur volle Konzentration, da das Spiel von Wassermenge und –temperatur ja auch nicht in gewohnten Bahnen verläuft. Auf dem Flur ist immer wieder eine Drehung notwendig, weil das Treppenhaus ständig in der entgegengesetzten Richtung liegt. Erst das Frühstück erdet wieder. Das ist aus allen Richtungen gleich langweilig.

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Montag, 3. Juni 2013
Nah dran
Aus der Diaspora
Koblenz: Wenn man Menschen konkret befragt: „Wie viel Geld brauchen Sie zum glücklich sein?“, bekommt man nie eine konkrete Summe genannt. „So viel, dass ich Leben kann, ohne mir Sorgen zu machen.“ gehört zu den häufigsten Antworten.

Diese Erkenntnis der Sozialwissenschaftler kommt mir in den Sinn, als ich den Handyladen verlasse. Der Akku meines Weckers (mit eingebautem Mobiltelefon) leerte sich zusehends. Das Ladegerät zweieinhalb Autostunden entfernt und die umliegenden Kollegen telefonieren mit Obst. Also betrat ich einfach den am Weg liegend Laden und schaffte Abhilfe sowie ein Ladegerät an. Ohne mich, wie früher, darüber zu ärgern, dass meine Schusseligkeit mich 13€ gekostet hatte. Ich bin wohl nah dran.

Bochum: Es ist nicht so, dass wir uns aus den Augen verloren hätten. Nur bemerkten wir uns oft nur noch aus den Augenwinkeln. Da war ein langer Winter, der gemeinsame Unternehmungen unterband. Alte und neue Interessen, die ihre Zeit und Kraft fordern, ebenso wie die Arbeit. Und da sich so etwas meist bestens koordiniert, entfernt man sich voneinander. Schleichend und meist mehr als die Stunde, die uns eh schon trennt.

Bis zu diesem „Was ist jetzt mit Kino?“ Das mit kräftigen Hammerschlägen einen Plan in Lücken des Alltags schmiedete. Die erste Runde Sushi ließ noch Platz für ein „Und sonst so?“ Doch schnell wurde klar, das sind nur wir. Und wieder nah dran. Später noch mit eigenem Film im Film.

Danke für den Abend!

Koblenz: Es war halt eine gefährliche Kombination. Das nicht öffentlich rechtliche, also komplett anspruchslose, Fernsehen hatte einen der Rocky Filme wiederholt. Am nächsten Tag stand am deutschen Eck das Kaiser Wilhelm Denkmal, dass, bis auf das Reiterstandbild, eigentlich komplett aus Stufen besteht. Ich war nah dran diese empor zu stürmen und „Adrian!“ über zwei Flüsse zu brüllen. Manchmal hat Winterschlaf auch sein Gutes.

A3: Mal wieder einer dieser Tage, die ich nicht kann. Wo zwei Stunden alles verschlingen wie ein schwarzes Loch. Vor mir ein Auto mit der Nummer „F UK xxxx“. Und ich denke mir: „Nah dran“

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